– Blogbeitrag –
Steuerberaterexamen – Panikmache vs. Realität
Wer das Wort „Steuerberaterexamen“ hört, denkt oft an durchlernte Nächte, nervenaufreibende Vorbereitung und eine der schwersten Prüfungen Deutschlands. Doch ist das wirklich so?
Unsere Kollegin Emma Kirch hat sich mit Gunnar Tetzlaff von PwC Deutschland ausgetauscht, der nicht nur seit Jahren im Steuerbereich tätig ist, sondern auch ein internes Schulungsprogramm für angehende Steuerberater bei PwC aufgebaut hat. In dem Gespräch teilt er seine Perspektive auf das Examen, gibt Einblicke in sein Erfolgsmodell – und räumt mit einigen Mythen auf.
Ein internes Erfolgsmodell mit großer Wirkung
Gunnar Tetzlaff ist seit 2008 bei PwC und verantwortet als Teil der PwC Taxredaktion den Blog und Newsletter Redaktion „Steuern & Recht“. Nebenbei hat er vor sechs Jahren ein internes Schulungsprogramm für Steuerberateranwärter in Hannover gestartet, das inzwischen deutschlandweit angeboten wird. In diesem Jahr haben sich über 175 Anwärter angemeldet, rund die Hälfte davon betreut er persönlich. Unterstützt wird er dabei von Co-Trainern, die selbst einmal Teil des Programms waren und nun ihr Wissen weitergeben.
Was dieses Modell besonders macht: Es ist keine Konkurrenz zu bestehenden Kursanbietern, sondern eine gezielte Ergänzung. „Unser Fokus liegt unter anderem auf den nicht-fachlichen Aspekten, die in klassischen Kursen oft zu kurz kommen“, so Gunnar. Dazu zählen Themen wie mentales Durchhaltevermögen, Stressbewältigung, Lernstruktur oder der Umgang mit Prüfungsangst. Das Modell ist damit nicht nur eine fachliche, sondern auch eine mentale Stütze für die Anwärter.

Ein Examen, das seinen Ruf nicht verdient hat
„Das Steuerberaterexamen ist nicht leicht, aber auch nicht so schlimm, wie es oft dargestellt wird“, sagt Gunnar. Drei sechsstündige Klausuren in drei Tagen – das klingt abschreckend, ist aber mit einer soliden Vorbereitung machbar. Viel schlimmer als die Prüfung selbst sei der Ruf, der ihr vorauseilt. In sozialen Medien und von einigen externen Anbietern werde das Examen teilweise überdramatisiert. Warum? „Weil sich Angst besser verkauft als Gelassenheit.“
Dabei setzt PwC bewusst ein Gegengewicht. „Wir wollen keine Panik schüren, sondern Orientierung geben.“ Die Anwärter sollen lernen, dass auch Pausen, Schlaf und Ausgleich fester Bestandteil des Lernplans sein müssen. Gunnar verweist auf das Bild aus dem Sport: „Profis machen Pausen. Nur Amateure trainieren durch.“
Was zählt wirklich für den Erfolg?
Gunnar erlebt in der Praxis, dass die wenigsten Kandidaten am Fachlichen scheitern. Viel häufiger seien es taktische Fehler, fehlende Struktur oder mentale Erschöpfung. „Viele planen ihre Vorbereitung so voll, dass sie sich selbst unter Druck setzen, wenn sie die eigenen Vorgaben nicht einhalten können.“
Besonders gefährlich sei das ständige Vergleichen mit anderen. „Ob jemand auf Social Media Übungsklausuren mit Bestnoten teilt, sagt nichts über das Ergebnis im Oktober aus.“ Seine Empfehlung: auf sich selbst vertrauen, den eigenen Weg gehen, nicht an fremden Zeitplänen messen.
Selbstbewusstsein statt Überkompensation
Ein Thema, das sich durch das Gespräch zieht, ist Selbstvertrauen. „Wer daran glaubt, dass er das Examen schaffen kann, hat es deutlich leichter, sich Pausen zu erlauben.“ Unsicherheit führe oft dazu, dass Kandidaten sich überfordern. Dabei helfe gerade die mentale Ruhe, das Gelernte besser zu verarbeiten.
Auch das Thema Selbstführung spielt eine Rolle: „Wer sich selbst kennt, weiß, wann er Pausen braucht, wie viel Druck guttut und wo Grenzen sind.“ In seinem Kurs gibt es zwar keinen festen Plan für Tagesabläufe, aber ständige Hinweise zu Themen wie Schlaf, Struktur, Stressbalance.
Seine eigene Vorbereitung: kein Vorbild, aber ein Hinweis
Gunnar selbst kommt aus der Finanzverwaltung und hatte bereits Erfahrung mit umfangreichen Prüfungen. Seine eigene Vorbereitung war ungewöhnlich: „Ich habe dreimal pro Woche Badminton gespielt und den Abend immer zum Abschalten genutzt.“ Er wusste: Wer den Kopf nicht freibekommt, startet erschöpft in die Prüfung. Sein Tipp: bewusste Freizeit, gezielte Erholung, feste Lernzeiten – und auch mal gar nichts tun.
Die Entwicklung der letzten Jahre: Mehr Bedürfnis nach Begleitung
In den sechs Jahren, in denen er das Programm betreut, sieht Gunnar eine interessante Entwicklung: „Früher wollten viele einfach ihre Freistellung und ihre Ruhe. Heute suchen Anwärter aktiver den Austausch, wollen Feedback, Unterstützung und ein Gefühl von Gemeinschaft.“

Ob das eine Generationenfrage sei, lässt er offen. „Vielleicht hat es mit der Sozialisierung zu tun, mit sozialen Medien und neuen Lerngewohnheiten. Aber klar ist: Das Bedürfnis, nicht allein zu sein, ist heute stärker denn je.“
Ein internes Programm mit Strahlkraft
PwC hat mit diesem Kurs nicht nur ein internes Entwicklungsangebot geschaffen, sondern inzwischen auch ein externes Format aufgesetzt. „Wir haben das Konzept für externe Teilnehmer geöffnet, allerdings in einem separaten Format.“ Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Ob das langfristig dazu führt, dass mehr Absolventen bei PwC anfangen, ist bisher schwer zu messen. „Aber das Signal, das wir senden, ist klar: Wir investieren in Menschen und in die Steuerbranche.“
Ein echtes Alleinstellungsmerkmal unter den Big4: „Soweit ich weiß, gibt es bei den anderen keine vergleichbare Initiative.“ Das macht PwC nicht nur für Anwärter attraktiv, sondern positioniert das Unternehmen auch strategisch stärker im Wettbewerb um Fachkräfte.
Die interne Vorbereitung hat sich bewährt, denn die Erfolgsquote bei den mündlichen Prüfungen liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im mündlichen Examen 2025 erreichte der Kurs von Gunnar bei PwC eine bemerkenswert niedrige Durchfallquote von unter 1,7%. „Das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis, das uns mit Stolz erfüllt.“
Abschließende Botschaften für Anwärter
Zum Schluss des Gesprächs hat Gunnar eine klare Botschaft an alle, die sich auf das Examen vorbereiten: „Vergleicht euch nicht mit anderen. Und nehmt die Ergebnisse von Übungsklausuren nicht zu wichtig. Entscheidend sind die drei Tage im Oktober.“
Und: „Körperlich und mental fit zu sein, ist mindestens genauso wichtig wie das fachliche Wissen.“ Wer seine Vorbereitung zu vollpackt, riskiert nicht nur, sich zu überlasten, sondern auch, in eine Negativspirale zu geraten.
Fazit: Ein realistischer Blick auf das Steuerberaterexamen
Was dieses Gespräch besonders machte, ist die Kombination aus Fachkenntnis, Erfahrung und ehrlichem Interesse an den Menschen. Gunnar macht Mut, nimmt Druck und zeigt Wege auf, wie man das Examen mit klarem Kopf und innerer Ruhe meistern kann.
Dass PwC diesen Ansatz fördert und stärkt, ist nicht nur ein Gewinn für die Teilnehmenden, sondern ein starkes Statement für eine moderne, menschliche Unternehmenskultur.
Ein inspirierender Austausch, der zeigt: Mit der richtigen Einstellung, einem starken Netzwerk und einer Portion Gelassenheit ist das Steuerberaterexamen absolut machbar.
An dieser Stelle vielen Dank an Gunnar, für die Zeit. Schauen Sie gerne bei Gunnar Tetzlaff selbst vorbei; er postet aktiv auf LinkedIn und teilt sein Wissen und seine Expertise zum Examen.
*Zur besseren Lesbarkeit nutzen wir das männliche Geschlecht – sprechen jedoch alle Geschlechter gleichermaßen an.
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